IM-MV: Entwicklung der Politisch motivierten Kriminalität im Jahr 2014 in Mecklenburg-Vorpommern

13.05.2015 – 14:11

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Schwerin (ots) – Innenminister Caffier: Das Ausmaß der Politisch motivierten Kriminalität in unserem Land ist stark abhängig von gesellschaftlichen und politischen Ereignissen

Die Politisch motivierte Kriminalität in Mecklenburg-Vorpommern war im Jahr 2014 durch folgende wesentliche Eckwerte gekennzeichnet:

   -	Rückgang der Politisch motivierten Kriminalität von 1.108 auf  1.001 Delikte (-9,6 %) 
   -	Deutlicher Anstieg der Straftaten im Phänomenbereich "Links" um  über 100 % 
   -	Zunahme der Gewaltdelikte im Phänomenbereich "Links" um 78,9 % 
   -	Mehr als zwei Drittel aller registrierten Straftaten im  Phänomenbereich "Rechts" 
   -	Aufklärungsquote deutlich gesteigert 

„Der nach wie vor hohe Anteil der Politisch motivierten Kriminalität „Rechts“ an allen Straftaten macht deutlich, dass in Mecklenburg-Vorpommern nicht von einem Rückgang der polizeilich relevanten Aktivitäten der rechtsextremistischen Szene ausgegangen werden kann“, betont Innenminister Lorenz Caffier. „Vor dem Hintergrund der dramatischen Ereignisse im Zusammenhang mit den Flüchtlingsströmen aus den Krisengebieten nach Europa und der damit verbundenen Debatte um die Aufnahme von Flüchtlingen in Asylbewerberunterkünften ist eine politische Instrumentalisierung dieses Themas, wie sie von Rechtsextremisten durchgeführt wird, absolut widerwärtig. Mir ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass man nicht zwischen gutem und schlechtem Extremismus unterscheiden kann. Es ist nicht so, dass Rechtsextremismus ganz furchtbar und Linksextremismus ein Kavaliersdelikt ist. Der Schutz von Demokratie und Verfassung ist eine zentrale Aufgabe unseres Rechtsstaats. Wo Freiheitsrechte missbraucht werden, um die freiheitliche demokratische Grundordnung und damit das Fundament dieser Freiheitsrechte zu untergraben, muss der Staat entschlossen einschreiten. Das gilt für alle Formen der politisch motivierten Kriminalität.“

1 Die Eckdaten im Überblick

Fallentwicklung

Im Jahre 2014 wurden insgesamt 1.001 Straftaten im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität erfasst. Im Vergleich zum Vorjahr mit 1.108 Fällen ist damit ein Rückgang um 107 Delikte oder um 9,6 Prozent zu verzeichnen. Diesen 1.001 Fällen der PMK stehen die 116.609 Straftaten der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) gegenüber. Der Anteil der politisch motivierten Straftaten liegt damit unter einem Prozent (0,86 %).

Dabei ist das Fallzahlenaufkommen im Zusammenhang mit Übergriffen auf Wahlkreis- und Parteibüros rückläufig. Gegenüber dem Vorjahr mit 20 Übergriffen wurde in 2014 sieben Fälle weniger, also insgesamt 13 Fälle registriert.

Aufklärungsquote

Die polizeiliche Aufklärungsleistung gilt als wichtiger Maßstab für die Bewertung und letztlich den Erfolg der Polizeiarbeit. Im Hinblick auf die vergleichsweise niedrige Aufklärungsquote von 30,8 Prozent im Jahr 2012 war es daher ein wichtiges Ziel, die Aufklärungsquote schrittweise deutlich zu erhöhen. Daher wurden im Rahmen eines landesweit abgestimmten Ansatzes durch ein zielgerichtetes Vorgehen konzeptionelle Maßnahmen zur besseren Aufklärung politisch motivierter Straftaten umgesetzt. Bereits im Jahr 2013 konnte die Aufklärungsquote so auf 38,9 Prozent gesteigert werden. Die entsprechenden Maßnahmen haben also gegriffen. Für das Jahr 2014 konnte nunmehr eine Aufklärungsquote von 48,0 Prozent erreicht werden. Dieses Ergebnis kann sich auch im Bundesmaßstab sehen lassen. Hier liegt die Aufklärungsquote für das Jahr 2014 bei 42,6 Prozent.

Gewaltdelikte

Der Anteil der Gewaltdelikte an allen PMK-Delikten beträgt 7,6 %. Bei diesen Delikten handelt es sich überwiegend um Körperverletzungen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr mit 76 Gewaltdelikten insgesamt 24 Straftaten mehr als im Vorjahr registriert. 35 dieser Gewalttaten sind der PMK „Rechts“ zuzuordnen (2013: 31). Auf ähnlichem Niveau liegen in diesem Berichtsjahr mit 34 registrierten Gewalttaten die Delikte im Phänomenbereich der PMK „Links“ (2013: 19). Zwei Gewaltdelikte sind der PMK „Ausländer“ zuzuordnen. In fünf Fällen war eine Zuordnung zu einem Phänomenbereich nicht möglich. Insgesamt konnten 56 aller erfassten Gewaltdelikte aufgeklärt werden. Die Aufklärungsquote liegt bei diesen sehr bedeutenden Fällen mit 73,7 Prozent damit deutlich über der Aufklärungsquote aller PMK-Straftaten. Auch gegenüber dem Vorjahr mit 71 Prozent aufgeklärter Fälle konnte 2014 nochmals eine Steigerung erzielt werden.

„Für das Sicherheitsgefühl unserer Bürgerinnen und Bürger ist gerade die Aufklärung von Gewaltstraftaten von hoher Bedeutung. Deshalb freue ich mich, dass wir auch hier erneut deutlich besser geworden sind“, erklärt Innenminister Lorenz Caffier. „Ich appelliere in diesem Zusammenhang aber auch an alle Bürgerinnen und Bürger vor allem in ihrem unmittelbaren Umfeld allen gewaltbereiten Aktionen energisch entgegenzutreten und Gewalt grundsätzlich nicht als Mittel zur Lösung von Konflikten zu akzeptieren, sondern die Polizei zu rufen. Nur so kann dieses Problem langfristig gelöst werden.“

Propagandadelikte

Bei rund 55 %, also der überwiegenden Mehrheit aller registrierten Fälle, handelt es sich um Propagandadelikte, die insbesondere durch das Schmieren von Naziparolen oder Hakenkreuzen begangen werden. Mit 547 Propagandadelikten wurden insgesamt 82 Propagandadelikte weniger als im Jahr 2013 (629) registriert. Das ist ein Rückgang von 13 Prozent.

Tatverdächtige

Insgesamt konnten 792 Tatverdächtige (2013: 737) ermittelt werden, darunter 81 Gewalttäter und 19 nichtdeutsche Tatverdächtige. Zu 463 dieser Personen lagen bereits polizeiliche Erkenntnisse aus dem Bereich der Politisch motivierten Kriminalität und/oder der Allgemeinkriminalität vor. Damit sind über die Hälfte (58,5%) aller Tatverdächtigen bereits polizeilich bekannt gewesen.

262 Tatverdächtige, das sind 37,4 %, zählen zur Altersgruppe der unter 21-Jährigen. Wie schon in den Vorjahren liegt der Anteil dieser Altersgruppe im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität damit deutlich höher als im Bereich der Allgemeinkriminalität. Dort betrug er im vergangenen Jahr 18,4 %.

2 Entwicklung in den Phänomenbereichen

PMK – Rechts

Mit einem Anteil von rund 70 % an allen PMK- Straftaten dominieren, wie in den Vorjahren auch, die Fälle im Phänomenbereich „Rechts“, auch wenn 2014 mit 689 Straftaten 82 Fälle weniger als im Jahr 2013 registriert wurden. Von den 689 Straftaten konnten im Phänomenbereich „Rechts“ 339 Straftaten aufgeklärt und 486 Tatverdächtige, darunter 49 Gewalttäter, ermittelt werden. Die Aufklärungsquote liegt damit insgesamt bei 49,2 %. Im Jahr 2013 lag diese noch bei 43,7 %.

Im Bereich der PMK „Rechts“ muss ein besonderes Augenmerk dem Themenfeld „Hasskriminalität“ gewidmet werden, da hierzu insbesondere die fremdenfeindlichen und antisemitischen Straftaten gezählt werden. Die Zahl der fremdenfeindlich motivierten Straftaten stieg dabei von 55 auf 62 Fälle. Bei den Sachverhalten mit antisemitischer Motivation ist ein leichter Rückgang von 30 auf 28 Fälle gegenüber dem Vorjahr festzustellen. Für das Themenfeld „Hasskriminalität“ insgesamt ist ein Anstieg um 15 auf 104 Fälle im Jahr 2014 zu verzeichnen.

Bei den Gewaltdelikten wurden mit 35 Fällen vier Straftaten mehr als im Vorjahr registriert. Den Schwerpunkt bildeten mit 31 Straftaten die Körperverletzungen. Dabei richteten sich die Gewaltdelikte in 6 Fällen gegen den politischen Gegner und in fünf Fällen gegen die Polizei. Bei weiteren 16 Fällen handelte es sich um Übergriffe mit fremdenfeindlichem Hintergrund. 30 dieser Gewaltdelikte konnten aufgeklärt werden. Damit konnte die Aufklärungsquote von 74,2 % im Jahr 2013 auf 85,7 % verbessert werden.

Mehr als zwei Drittel, rund 75,5 Prozent, aller Straftaten im Phänomenbereich „Rechts“ sind Propagandastraftaten. Die Anzahl ist gegenüber dem Vorjahr von 603 auf 520 Fälle gesunken. Auch hier konnte die Aufklärungsleistung gesteigert werden und zwar von 41,5 Prozent auf nunmehr 44,2 Prozent.

Bei den übrigen 134 Straftaten handelte es sich unter anderem um Volksverhetzung, Sachbeschädigung, Beleidigung sowie um Verstöße gegen das Versammlungsgesetz.

Bei den rechtsextremistischen Musikveranstaltungen ist gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang von 26 auf 20 Veranstaltungen festgestellt worden, gleichzeitig gingen auch die Teilnehmerzahlen von über 2.600 in 2013 auf rund 1.700 Personen im vergangenen Jahr zurück. Musikveranstaltungen sollen nicht nur dem Zusammenhalt, sondern auch der Gewinnung neuer Gesinnungsgenossen dienen und von daher insbesondere junge Leute ansprechen. Insgesamt wurden im Jahr 2014 drei Veranstaltungen durch entsprechende Verfügungen im Vorfeld verboten und weitere drei Veranstaltungen während der Durchführung aufgelöst.

PMK – Links

Während im Phänomenbereich „PMK Links“ im Jahr 2013 noch ein Rückgang zu verzeichnen war, musste im vergangenen Berichtsjahr ein signifikanter Anstieg der Straftaten um 104,3 Prozent festgestellt werden. Gegenüber dem Vorjahr mit 93 Fällen wurden im Jahr 2014 insgesamt 190 Straftaten erfasst. Dieser Anstieg ergibt sich insbesondere aus Straftaten im Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen und den Europa- und Kommunalwahlen, hier insbesondere gegen die Alternative für Deutschland gerichtete Delikte.

Insgesamt wurden im Phänomenbereich „Links“ 78 Straftaten aufgeklärt. Das entspricht 41,1 % der Fälle, dabei wurden 197 Tatverdächtige, davon 22 Gewalttäter, ermittelt. Ein deutlicher Anstieg ist in diesem Bereich leider auch bei den Gewaltdelikten zu verzeichnen. Mit 34 solcher Straftaten wurden insgesamt 15 Gewaltdelikte mehr als im Vorjahr (+78,9 Prozent) registriert. Mit 23 Fällen bildeten dabei Körperverletzungen auch hier den Schwerpunkt dieser Straftaten. Diese Entwicklung ist maßgeblich auf Gewaltstraftaten anlässlich der Gegendemonstrationen bei Veranstaltungen der rechten Szene am 1. Mai 2014 in Rostock und am 8. Mai 2014 in Demmin zurückzuführen. Aber auch bei diversen Wahlkampfveranstaltungen für die Europawahl kam es zu mehreren Übergriffen durch Angehörige der linken Szene. 20 der 34 Gewaltdelikte konnten aufgeklärt werden. Die Aufklärungsquote in diesem Deliktbereich beträgt damit 58,8 Prozent. Bei den verbleibenden 156 Delikten der PMK „Links“ handelt es sich vor allem um Sachbeschädigungen, Diebstähle sowie Verstöße gegen das Versammlungsgesetz.

Innenminister Caffier: „Indem die gewaltbereite linke Szene ihre Aktionen oftmals mit Themen in einen Zusammenhang stellt, die auch Teile der friedliebenden Bevölkerung bewegen, wird die von ihr ausgehende Gefahr sowohl von Teilen der Bevölkerung wie auch der Medien unterschätzt. Übersehen wird zudem regelmäßig, wie sehr solche gewalttätigen Aktionen geeignet sein können, vorhandene bürgerliche Proteste zu diskreditieren.“

PMK – Ausländer

Für das Jahr 2014 wurden 11 Fälle im Bereich der Politisch motivierten Ausländerkriminalität erfasst (2013: kein Fall). Darunter waren zwei Gewaltstraftaten in Form von Körperverletzungen, die beide aufgeklärt werden konnten. Insgesamt wurden 8 der 11 Straftaten in diesem Phänomenbereich aufgeklärt, dabei wurden 13 Tatverdächtige ermittelt, unter ihnen 3 Gewalttäter.

Staatsschutzkriminalität – nicht zuzuordnen

Die Anzahl der Fälle, die keinem der vorgenannten Phänomenbereiche zugeordnet werden konnten, sank von 224 Fällen in 2013 auf nunmehr 111 Fälle deutlich. Ein Begründungsansatz für den deutlichen Rückgang liegt hier in der geringeren Anzahl von Wahlstraftaten. Anders als bei der Bundestagswahl 2013 mit 191 Fällen wurden im Zusammenhang mit den Europa- und Kommunalwahlen 2014 nur 139 Fälle erfasst. Darüber hinaus konnten aufgrund der Aufrufe der linken Szene gegen die Alternative für Deutschland Wahlstraftaten auch der PMK „Links“ zugeordnet werden.

„Das Ausmaß der Politisch motivierten Kriminalität in unserem Land ist stark abhängig von gesellschaftlichen und politischen Ereignissen – regional, bundesweit aber auch international“, fasst Innenminister Caffier zusammen. „Die Art und Weise des Umgangs unserer Bevölkerung damit und die Reaktionen darauf spiegeln sich in der Statistik der politisch motivierten Kriminalität wider. Es zeigt sich dabei, wie fähig unsere Gesellschaft ist, politische Streitthemen und Probleme friedlich auszutragen. Jegliche Formen von Straftaten gegen politisch Andersdenkende gefährden das demokratische Funktionieren unserer Gesellschaft. Politische Bildung und Toleranz sind dabei gerade für unsere Jugend die besten Mittel zur Prävention solcher Straftaten.“

Rückfragen bitte an:

Ministerium für Inneres und Sport Mecklenburg-Vorpommern
Pressestelle
Michael Teich
Telefon: 0385/588-2008
E-Mail: michael.teich@im.mv-regierung.de
http://www.regierung-mv.de

Quelle: news aktuell / dpa