IM-MV: Innenminister Caffier: Der Munitionsbergungsdienst leistet gute Arbeit. Flächen werden planmäßig beräumt und Funde einer genauen Bewertung unterzogen

08.06.2015 – 11:01

Schwerin (ots) – „Die Munitions- und Kampfmittelbeseitigung, hierunter ist die Erfassung, Bergung und Entsorgung zu verstehen, ist ein weites und komplexes Aufgabenfeld. Ein Aufgabenfeld welches sich nicht nur auf unser Bundesland beschränkt. Vielmehr stellt sich diese Aufgabe in gesamt Europa und weit über dessen Grenzen hinaus“, stellt Innenminister Lorenz Caffier fest. „Der Munitionsbergungsdienst hat hier primär die Aufgabe der Gefahrenbeseitigung sowie in der Vorsorge, zu deren Schwerpunkte es gehört, vorhandene kampfmittelbelastete Flächen zu erfassen und aus den Ergebnissen von Untersuchungen vor Ort und geborgener Munition sowie Recherchen in sonstigen verfügbaren Quellen eine Bewertung der vorliegenden Erkenntnisse für die Zukunft vorzunehmen“.

Bei Sandbaggerarbeiten auf See anlässlich geplanter Sandaufspülungen im Bereich von Rerik und Boltenhagen kam es im Herbst 2013 zu insgesamt drei Einsätzen, zu denen der Munitionsbergungsdienst des Landes (MBD M-V) zur Bergung von insgesamt vier Stück 8,8 cm Sprenggranaten aus dem Saugkopf eines Baggerschiffes gerufen wurde.

Seit einer Sandaufspülung im Jahr 1997 aus der Lagerstelle Trollegrund, bei der offensichtlich Kampfmittel an den Strand von Rerik mit aufgespült wurden und im Jahr 2000 aufwendig und kostspielig beräumt werden mussten, ist die Sandentnahmestelle „Trollegrund“ als kampfmittelbelastet bekannt und im Kataster eingetragen. Sie liegt im Sicherheitsbereich des Flak-Versuchsplatzes Rieden-Kühlungsborn, von dem aus zu Versuchen auf die offene See geschossen wurde.

Aufgrund der Erkenntnisse des Munitionsbergungsdienstes erfolgte im Zuge des Genehmigungsverfahrens für die geplanten Sandbaggermaßnahmen im Jahr 2010 in der Phase der Anhörung zum Antrag auf Erteilung einer Bewilligung für die Gewinnung mariner Sande in den Küstengewässern – Lagerstätte Trollegrund durch den MBD M-V der Hinweis auf Munitionsfunde bei Sandentnahmen zum Küstenschutz. In einem entsprechenden Schreiben hat der MBD hier empfohlen, für das Baggergut ein mit dem MBD abgestimmtes Verfahren, z.B. eine Behandlung und Prüfung von Sanden bereits auf See z.B. an Bord des Baggereschiffes, zur Anwendung zu bringen. Auch im Falle einer später erfolgten Anfrage eines Ingenieurbüros zur Sandentnahme aus der Lagerstätte Trollegrund im Jahr 2011 erfolgte die Kampfmittelbelastungsauskunft mit Hinweis auf Munitionsfunde bei Sandentnahmen zum Küstenschutz in der Vergangenheit. Auch hier wurde nochmals empfohlen, das mit dem MBD abgestimmte Verfahren auf See zur Anwendung zu bringen.

Die mit Rerik verbundene Halbinsel Wustrow war im 2. Weltkrieg Flak-Schule und in der Teufelsschlucht (1,4 km entfernt vom Reriker Ortskern in Richtung Nordosten) ist Munition gesprengt worden. In diesem Bereich gab es in der Vergangenheit immer mal wieder Einzelfunde von Kampfmitteln.

Nach insgesamt 7 Soforteinsätzen am Strand von Rerik im Frühjahr 2014, bei denen 51 Granaten der Kaliber 13 mm bis 7,5 cm (enthaltene Explosivstoffmasse von 3,4 kg und 16,8 kg Kampfmittelfragmenten) geborgen wurden, hat die örtlich zuständige Ordnungsbehörde auf Empfehlung des MBD M-V den Strand gesperrt. Anschließend erfiolgte eine Beräumung des Strandbereiches mittels Durchsieben des aufgespülten Sandes.

Hierbei wurde in Rerik eine Fläche von ca. 15.000 m² untersucht, dabei rund 80.000 m³ Sand aufgenommen, durch zwei Siebanlagen mit Maschenweite von zehn Millimeter kampfmittelfrei gemacht, wieder eingebaut und grob nivelliert. Insgesamt wurden bei dieser Beräumung 304 Granaten bis zum Kaliber 10,5 cm, 71 Zünder sowie 1.527 kg Munitionsteile durch die vom Munitionsbergungsdienst beauftragte Firma geborgen und an den MBD M-V übergeben. Der Auftragswert der Beräumung betrug rund 670.000,- EUR, zuzüglich Managementkosten und Kosten für die Überwachung und Kontrolle sowie für den Abtransport und die Vernichtung der geborgenen Kampfmittel.

Ende Juni vergangenen Jahres, also rund sechs Wochen nachdem die umfänglichen Siebarbeiten in Rerik begonnen hatten, bestätigten sowohl die mit der Strandaufspülung beauftragte Firma, als auch dass mit der örtlichen Bauüberwachung der Nassbaggerarbeiten auf See beauftragt Ingenieurbüro, dass bei den Baggerarbeiten ein Sieb mit einer Maschenweite von 15 mm eingesetzt worden sein soll und dass das Grobkorn (> 15 mm) zur Separation an einem Magnetabscheider vorbeigeführt wurde, der alle magnetischen Bestandteile herausfiltern sollte. Ferner sollen nach jeder Baggerung die Anlagen unter Beisein der örtlichen Bauüberwachung auf etwaige Funde kontrolliert worden sein. Dabei soll keine weitere Munition bzw. Munitionsschrott festgestellt worden sein.

Innenminister Lorenz Caffier: „Bisher konnte leider die Frage noch nicht beantwortet werden, warum während der gesamten Maßnahme der Strandaufspülung, bei der rund 170.000 m³ Sand aus einer stark belasteten Fläche des Meeresgrundes wohl durch das Sieb mit einer Maschenweite von 15 mm gelaufen ist, kein einziger Fund eines Kampfmittels von Bord des Baggerschiffes dem Munitionsbergungsdienst gemeldet wurde.“

Die Kampfmittelräumung am Strand von Rerik im Mai 2014 durch die vom MBD beauftragte Fachfirma erfolgte durch Fraktionierung über eine Separationsanlage mit Mittelkornband und Feinkornsieben mit einem Durchlass von zehn Millimetern und der Separation ferromagnetischer Bestandteile mit einem Magnetbandabscheider über den Bändern. Alle geborgenen Kampfmittel und -fragmente wurden auf diese Art aus dem Sand separiert.

Die Sohle der ausgekofferten Sandmassen, also das alte Strandniveau wie es vor der Aufspülung vorgelegen hat, wurde flächendeckend auf Kampfmittel untersucht, hierbei wurden -insbesondere im westlichen Strandabschnitt – zwar größere Mengen Schrott und abgeschnittene Spundwandbohlen gefunden, aber keine Kampfmittel. Nach Abschluss der Arbeiten wurde eine flächendeckende computergestützte Sondierung auf die gesamte Arbeitsfläche gelegt. Aus dieser Sondierung ergaben sich ebenfalls keine Hinweise auf tieferliegende Störpunkte wie z.B. frühere Sprengtrichter, aus denen die jetzt gefundenen Kampfmittel stammen könnten.

Die in Rerik geborgenen Kampfmittel wurden umfassend untersucht, alle vollständigen Kampfmittel wie auch die Fragmente mit Führungsbändern wiesen ausnahmslos Spuren eines Verschusses aus. Die Kampfmittelfragmente wiesen typische Spuren einer Detonation durch Funktionsauslösung auf. Bei größeren Fragmente mit waren sogar die Spuren einer detonierten Zündladung zu erkennen, ebenso an den geborgenen Zündern selbst. Weiterhin wurden an den Kampfmitteln überwiegend Sandverkrustungen mit Anhaftungen von Muscheln festgestellt.

Bei der separaten Vernichtung der geborgenen Kampfmittel in einer mobilen Vernichtungsanlage konnte nachgewiesen werden, dass eine Vielzahl der geborgenen Kampfmittel, insbesondere der vollständigen Kampfmittel, bei der Verbrennung detonierte, es sich somit um Blindgänger mit Sprengstoff-Füllung gehandelt hat.

Anhand der genannten Erkenntnisse ist aus Sicht des Munitionsbergungsdienstes auch nachgewiesen, dass die geborgenen Kampfmittel nicht aus einer noch nicht erkannten Sprengstelle im Strandbereich stammen können, sondern es sich um verschossene Kampfmittel handelt, die sich funktionsgemäß durch Auslösung des Zeitzünders in der Luft zerlegt haben und ins Meer gefallen sind.

„Am Strand von Boltenhagen sind vor der Aufspülung keinerlei Kampfmittelfunde nachgewiesen worden, so dass ein Zusammenhang mit der Strandaufspülung offensichtlich ist“, stellt Innenminister Lorenz Caffier im Ergebnis fest. „Die Hinterlassenschaften des 2. Weltkrieges der ehemaligen NVA sowie der GUS-Streitkräfte stellen auch heute noch eine sehr ernstzunehmende Gefahr dar, die es in keinem Fall zu unterschätzen gilt. Die Munitionsbeseitigung in unserem Land wird auch in den nächsten Jahren eine wichtige und notwendige Aufgabe bleiben. Dabei können wir auf die gute Ausbildung, die Umsicht und Professionalität sowohl des Personals des Munitionsbergungsdienstes M-V als auch der beauftragten zivilen Räumfirmen vertrauen.“

In Boltenhagen wurde gegenwärtig eine Beräumung einer Fläche von rund 50.000 m² beauftragt. Mit Stand vom 07.06.2015 wurden mit der Abnahme des MBD bereits 18.0000 m² der Fläche bearbeitet und auch zur für die Öffentlichkeit wieder freigegeben. Der noch erforderliche Zeitaufwand für die Beräumung hängt maßgeblich von der Anzahl der künftigen Metallfunde ab. Bisher sind insgesamt sechs Granaten und ein Zünder gefunden worden. Die gefundenen Granaten liegen zwischen 2,0 und 3,7 cm Durchmesser. Das Innenministerium geht davon aus, dass die Räumarbeiten bis zum 19.06.2015 abgeschlossen sein werden.

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Quelle: news aktuell / dpa