27.03.2015 – 09:00
Nienburg (ots) – „Heimtückische Mordanschläge in Norddeutschland“ titelte eine überregionale Tageszeitung am 30. November 1951. Was war geschehen? In Eystrup und Bremen kamen zwei Menschen beim Öffnen von Postpaketen durch Sprengstoffexplosionen grausam zu Tode und etliche weitere erlitten zum Teil schwerste Verletzungen. Ein weiterer versuchter Anschlag in Verden misslang. Schnell stand bei den Ermittlern von Polizei und Staatsanwaltschaft die Frage nach dem Motiv im Vordergrund. Handelt es sich um ein politisches Attentat, einen Anschlag aus Eifersucht oder Habgier, oder war hier ein psychisch gestörter Mensch am Werk?
Dass der Täter ein junger Mann aus dem ländlichen Raum rund um Nienburg an der Weser war, erstaunte viele und erklärte wenig.
Das Polizeimuseum Niedersachsen hat jetzt diesen Fall aufgegriffen und will vor allem die polizeiliche Seite und die Zeitumstände in Form einer Sonderausstellung dokumentieren. Ab dem 27. März können sich Interessierte über den Kriminalfall informieren.
Neben den Landtagsabgeordneten Johann-Heinrich Ahlers, Carsten Heineking, Helge Limburg und Grant Hendrik Tonne begrüßte Akademiedirektor Dieter Buskohl gestern(26.03.)in den Räumen des Polizeimuseums Niedersachsen Bürgermeister Henning Onkes sowie zahlreiche weitere Gäste aus Politik, Polizei und der Region um Nienburg. „Die Geschichte der Kriminalitätsbekämpfung ist ein wichtiges Segment in der Darstellung des Polizeimuseums Niedersachsen. Kriminalität ist ein gesellschaftliches Phänomen, dessen Verhütung und Bekämpfung Kernaufgaben der Polizei sind. Dabei gibt es Kriminalfälle, die zeitgeschichtliche Ereignisse sind, wie der hier dargestellte Fall des Briefbombenattentäters Erich von Halacz“, erläuterte Buskohl. „Bei den Recherchen und der Planung der Ausstellung wurde schnell klar, dass dieser Kriminalfall nicht ausschließlich aus regionalgeschichtlicher Perspektive dargestellt werden kann, denn er stellt ein für die junge Bundesrepublik bis dahin einzigartiges Ereignis dar“, erklärte der Kurator der Ausstellung, Dr. Götting. „Zum ersten Mal wurde eine länderübergreifende Sonderkommission der Polizeien Bremens und Niedersachsens gebildet. Das unmittelbar vor den Anschlägen aufgebaute Bundeskriminalamt unterstützte die Ermittlungen. Der ebenfalls 1951 gegründete Bundesgrenzschutz wurde an der bundesweiten Fahndung beteiligt“. National und international war die öffentliche Aufmerksamkeit groß. „Die Presse im Nachkriegsdeutschland berichtete nicht nur ausführlich über die Ereignisse, sondern griff auch aktiv in die Fahndung ein. Pressemitarbeiter ließen erstmals in Deutschland ein Phantombild zeichnen und boten dieses der Polizei zur Veröffentlichung an“, erklärte Kurator Tobias Deterding in der anschließenden Führung. Die Kuratoren wollen schlaglichtartig auf polizeiliche und kriminaltechnische Entwicklungen ebenso aufmerksam machen wie auf die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im Nachkriegsdeutschland. „Dabei sind manche Diskussionen der damaligen Zeit heute noch genauso aktuell wie im Deutschland der frühen Fünfzigerjahre: So das Verhältnis von Polizei und Medien, die Kompetenzen und die Vernetzung der Polizeibehörden im Bund und in den Ländern und selbst die kontroverse Debatte über den negativen Einfluss von bestimmten Medien auf die soziale Entwicklung von Jugendlichen“, erläuterte Dr. Götting.
Heinrich Sieling, Vorsitzender des Museumsvereins Nienburg/Weser, befragte in den letzten Wochen Zeitzeugen und erklärte in seinem Vortrag, dass “ die Ereignisse des Spätherbstes bis heute im Gedächtnis der Menschen in Nienburg und dem Norddeutschen Raum präsent geblieben sind“. Der Fall des Briefbombenattentäters Erich von Halacz wurde vor zehn Jahren sogar als Dokumentation unter dem Titel „Post vom Tangojüngling“ für das Fernsehen verfilmt.
Den Kuratoren ist es gelungen, selbst nach über sechs Jahrzehnten noch wichtige Originaldokumente und Asservate des Falles zusammen zu tragen. So zum Beispiel den zeitgenössischen Nachbau der Paketbombe, Lichtbildmappen von den Tatorten, die Schreibmaschine, die den Täter überführte und natürlich originale Presseartikel sowie das gebundene Urteil mit Begründung des Landgerichts Verden.
Wichtiger Hinweis:
Die Ausstellung kann ab Freitag dem 27. März im Polizeimuseum Niedersachsen, Lange Straße 20/22, in 31582 Nienburg besichtigt werden. Das Polizeimuseum bietet an diesem Wochenende außerplanmäßige Öffnungszeiten und Führungen durch die Sonderausstellung an. Freitag, 27. März: 10.00 bis 13.00 Uhr; Samstag 28. März: 11.00 bis 14.00 Uhr und Sonntag, 29. März: 13.00 bis 18.00 Uhr.
Zusätzliche Informationen finden Sie auf der Internetseite der Polizeiakademie unter: www.pa.polizei-nds.de/polizeigeschichte/ oder telefonisch unter: 05021 887788 0.
Rückfragen bitte an:
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