31.01.2015 10:28:00, Hahn – Was bedeuten 70 Jahre Erinnerung an Auschwitz für die Polizei von heute?

Landespolizeischule /FHöV

31.01.2015, 10:28 – Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz / Landespolizeischule

Hahn, Was bedeuten 70 Jahre Erinnerung an Auschwitz für die Polizei von heute? 
Fremdenfeindlichkeit hat keinen Platz in der Polizei. Offenheit und Toleranz leben, dabei stets reflektieren und den Menschen sehen.
An einem wichtigen Tag der Erinnerung erarbeiteten Polizeikommissaranwärterinnen und Polizeikommissaranwärter in verschiedenen Workshops mit Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Opfergruppieren die Geschichte der Polizei im NS-Staat auf und entwickelten ihr eigenes Selbstverständnis in der heutigen Polizei.

 

„Was bedeuten 70 Jahre Erinnerung an Auschwitz für die Polizei von heute? Verantwortung, sagen die einen – Schlussstrich, die anderen.“ Fachbereichsleiter Friedel Durben machte den Studierenden des 9. Bachelorstudienganges zu Beginn des Gedenktages an die Opfer des Nationalsozialismus noch einmal klar, dass es einen Schlussstrich für die Polizei niemals geben kann. Denn die Polizei war „tragender Pfeiler der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“. Dieser Verantwortung habe sich die Polizei zu stellen und daher ebenso die jungen Menschen, die im Rahmen ihres Studiums ihre Rolle in der Demokratie als wesentlichen Teil ihrer Identität kennen lernen.


„Ich würde mich schämen, wenn wir den Deckmantel des Schweigens über unsere Vergangenheit legen würden“, sagte Christine Sprenger während ihres Workshops im Rahmen des Hochschulgesprächstages. Sie war bis zum vergangenen Jahr im Pfalzklinikum Klingenmünster beschäftigt. „Obwohl kein Arzt, Pfleger und keine Schwestern gezwungen war, bei der „wilden Euthanasie“ mitzumachen, so taten es dennoch viele – und zwar aus Überzeugung das Richtige zu tun.“


Jacques Delfeld, ehrenamtlicher Vorsitzender des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma, äußerte den Wunsch an die Studierenden „ganz normal“ und „vorurteilsfrei“ miteinander umzugehen.


Pava Raibstein von der Kinder- und Jugend-Aliyah stellte als Betroffene des Holocaust der zweiten Generation bewegend und hoch emotional in allen fünf Arbeitsgruppen die tragische Geschichte ihrer Großeltern und Eltern vor. Ihre Botschaft lautete, auf Minderheiten zuzugehen.


Hans Kirsch, pensionierter Polizeibeamter und Polizeihistoriker, stellte anhand drakonischer Haftstrafen für regimekritische Bemerkungen oder Hitler-Witze die Bedeutung der Meinungsfreiheit heraus, als er die Rolle der Polizei im NS-Staat verdeutlichte. Damit schloss er inhaltlich nahtlos den Worten von Dr. Wolfgang Schulte von der Deutschen Hochschule der Polizei an, der in seinem Impulsvortrag auf das Thema „Ordnung und Vernichtung – Anmerkungen zur Polizei des NS-Staates“ einging. Der Historiker vermittelte den Polizeikommissaranwärterinnen und Polizeikommissaranwärtern einen umfassenden Einblick in die Organisation und die Aufgaben der Polizei im NS-Staat und ihrer tiefen Verstrickung in grausamste Verbrechen. Dabei ging er sowohl auf die Motive der Täter ein, beleuchtete aber ebenso die Opfergruppen, zu denen auch Homosexuelle zählten.



In einem weiteren Workshop wurde diese Opfergruppe durch Jacqueline Maron, Sprecherin von QueerNet Rheinland-Pfalz e.V., vertreten. Sie berichtete nicht nur über die Verfolgung von Homosexuellen in der NS-Zeit. Viele Studierende konnten es kaum glauben, dass der einstige § 175 StGB, der sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe stellte, bis 1994 existierte.


Zur Vorstellung ihrer Arbeitsergebnisse kamen am Nachmittag wieder alle Arbeitsgruppen im Tagungszentrum am Polizei Campus Hahn zusammen.


Im Beisein von Staatssekretärin Heike Raab stellten die Studierenden Michelle Theis, Florian Becker, Michael Zuhl, Eduard Senger sowie Fabian Schmitt selbst ihre Erkenntnisse aus den Workshops dem Plenum vor und erhielten dafür viel Aufmerksamkeit und Beifall.



Staatssekretärin Heike Raab dankte im Anschluss allen Beteiligten für diese „Ergebnisse mit Tiefgang“ an einem so wichtigen Gedenktag an die NS-Opfer.


Sie berichtete von den bewegenden Erzählungen einer Holocaust-Überlebenden im Landtag vom gleichen Tag und betonte die Wichtigkeit aus der Vergangenheit zu lernen und einen offenen und toleranten Umgang zu pflegen. Abschließend drückte sie ihr Vertrauen zur ihrer „Bürgerpolizei“ aus, die für den Schütz von Freiheit und Demokratie eintrete und Respekt verdiene.


Bei Studierenden und Referenten kamen der Hochschulgesprächstag und das Format des World-Cafés gut an. Denn der gewollte Austausch von Mensch zu Mensch, „ganz normal“ und unabhängig von Ethnie, Hautfarbe, Glauben oder Uniform, hat sein Ziel einer Sensibilisierung erreicht.


Die beiden Initiatoren Dr. Herbert Fischer-Drumm und Polizeirat Thomas Wimmer freuen sich bereits auf den nächsten Hochschulgesprächstag, über dem auch wieder das Leitthema steht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“ (Artikel 1 Grundgesetz).

Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz / Landespolizeischule

55491 Büchenbeuren (Ortsteil Scheid)
Telefon: 06543 / 9850
 

Quelle: Polizei Rheinland-Pfalz